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Krebs im Wirtschaftsleben

Leistungslose Einkommen machen uns krank

Christian Kreiß, Februar 2016

Die Grundidee der folgenden Ausführungen ist einfach: Leistungslose Einkommen, also Einnahmen, für die man nicht arbeiten muss, sind nicht nur asozial und unethisch, sondern machen unsere Wirtschaft krank. Wir haben riesige Ströme von Renteneinkommen in Form von Dividenden, Mieten, Pachten und Zinsen in unserem Wirtschaftssystem: beinahe ein Drittel des Volkseinkommens. Diese Geldströme zahlt jeder von uns jeden Tag, jedes Mal, wenn er einkaufen geht. Dieses leistungslose Geld müsste eigentlich zu den leistungslosen Menschen fließen, also denjenigen, die nicht arbeiten können: zu unseren Kindern, Senioren und Kranken. Dann wäre unser Wirtschaftsleben gesund, das Geld würde im sozialen Organismus wie das Blut im natürlichen Organismus zirkulieren.

Dorthin fließt es aber nicht. Sondern es fließt – weitestgehend willkürlich, weil leistungslos – auf die Girokonten privater Vermögensbesitzer. Diese wissen ab einer bestimmten Menge nicht mehr wohin damit, kumulieren es immer weiter, in immer neue Anlagen, die zuletzt kein Mensch mehr braucht. Geld und Vermögen vermehren sich selbst immer weiter wie Krebs. Und der endet oft tödlich.

Übertragen auf unsere Gesellschaft: Unser Wirtschaftsleben ist schwer krebskrank und steht vor einer tragischen Bereinigung, sei es durch Depression, Bürgerkrieg oder Krieg – wenn wir nichts ändern. Die ersten Symptome dieser schweren Krankheit sind 2007/ 2008 in Form der Finanz- und Eurokrise aufgeflackert. Sie ist jedoch alles andere als vorbei. Sie hat noch nicht einmal wirklich angefangen.

Den kommenden Crash zu vermeiden wäre extrem einfach: Die krebsartig gewucherten Vermögen auf ein gesundes Maß beschneiden und das Geld den einkommensschwachen Menschen zurückgeben, von denen es stammt. Die leistungslosen Einkommen dahin kanalisieren wo sie hingehören: zu den leistungslosen Menschen. Dann brauchen wir keine über uns hereinbrechende blinde, tragische Bereinigung mehr, sondern dann lösen wir das Problem mit gesundem Menschenverstand.

Unsichtbare Zahlungsströme: Wer zahlt an wen?

Unser gegenwärtiges Geldsystem kaschiert, verbirgt verschiedene Zahlungsströme, die unterirdisch, gewissermaßen unbewusst in unserem täglichen Wirtschaftsleben stattfinden. Ein bestimmter Teil dieser Zahlungsströme soll daher nun dargestellt werden.

Unser täglich Brot

Der Preis eines jeden Produktes, das wir kaufen, enthält Kapital- und Arbeitsanteile. Man kann sich das am Beispiel eines Brotkaufs klar machen. Um das Korn für Brot zu ernten, braucht der Landwirt Boden, Kapital und seine Arbeitskraft. Für den Boden muss der Landwirt Pacht oder Zinsen zahlen, oder, wenn er ihm selbst gehört, entsprechende Eigenkapitalkosten dafür ansetzen, denn er könnte sein Land ja verpachten oder verkaufen. Für sein Betriebskapital, also die eingesetzten Maschinen oder das Saatgut, muss der Landwirt entweder Zinsen zahlen oder entsprechende Eigenkapitalkosten dafür ansetzen. Diese Kosten werden auf das geerntete Getreide umgelegt. So ruht auf jedem geernteten Korn eine bestimmte Summe von Kapitalkosten für Pachten, Zinsen und Eigenkapital.

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Comments 3

  1. Problem erkannt … doch leider sind unsere Politiker entweder nicht in der Lage oder aber durch Lobbyarbeit auf Linie gebracht. Ich gehe davon aus, dass nur ein großer Zusammenbruch eine Änderung herbeiführen kann… Ob ein Jahrgang 1963 das noch erlebt … kann ich nicht wirklich abschätzen.
    Vielen Dank für die klare, verständliche Aufklärung und viel Mut bei zukünftigen Vorträgen und Projekten. Es ist sicher nicht einfach, keine Stromlinienförmige Meinung zu vertreten.

    G.Herrmann

  2. Ich studiere an Goethe-Universität in Frankfurt Wirtschaftswissenschaften. Nichts zur aktuellen Wirtschaftspolitik oder den Auswirkungen (soziale Ungleichheit seit der Finanzkrise durch die Nullzinspolitik, Anleiheblase, etc..) werden hier gelehrt. Die Lehre ist wirklich eingeschlafen! Und meine Generation wird mit den Schmerzen wieder aufwachen.

  3. Sehr geehrter Herr Kreiß,

    wir warem am Samstag in Ulm bei der Demo und waren sehr berührt von Ihrer Betroffenheit und Ihren Worten. Danke dass Sie da waren und uns informiert haben was auf der Wirtschaftsebene läuft.

    Passen Sie gut auf sich auf!

    Herzliche Grüsse aus Karlsruhe
    Anne Sprösser

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